Der harte Alltag am Unfallort

Der harte Alltag am Unfallort / Ersthelfer berichtet beim Crash Kurs NRW
Der harte Alltag am Unfallort
Hautnah und schonungslos berichten ein Ersthelfer, ein Polizist und ein Notfallseelsorger beim „Crash Kurs NRW“ Jugendlichen von ihren persönlichen Erfahrungen nach schweren Verkehrsunfällen.
Nina Ehm

„Ich war dabei als zwei Menschen gestorben sind.“ Mit diesen bewegenden Worten schildert ein Ersthelfer gleich zu Beginn des „Crash Kurses NRW“ seine Erfahrungen, als er zufällig nachts an einer Unfallstelle vorbeikam, ausstieg und sofort handelte. Doch für die beiden jungen Menschen, die zuvor mit ihrem Auto gegen einen Baum geprallt waren, kam jede Hilfe bereits zu spät. Sie hatten ihr ganzes Leben noch vor sich, doch mit einem Schlag war es durch den schweren Verkehrsunfall vorbei. Er rüttelt das Publikum wach: „Mir passiert sowieso nichts - das könnt ihr vergessen! Es kann jeden von euch treffen. Steigt bitte aus dem Auto aus, wenn ihr nach einer Party bei jemandem mitfahrt und Zweifel daran habt, sicher zu Hause anzukommen.“

„Realität erfahren. Echt hart.“ - unter diesem Motto fand kürzlich das Verkehrsunfallpräventionsprogramm Crash Kurs NRW mit der Polizei Lippe statt. Mit dabei waren in der Stadthalle Detmold rund 300 Jugendliche aus den Oberstufen der Detmolder Schulen. Sie alle sollen durch die Aktion sensibilisiert werden, stets vorsichtig zu fahren, um Unfälle zu vermeiden. Denn regelmäßig werden gerade junge Fahrerinnen und Fahrer bei Verkehrsunfällen verletzt – zum Teil schwer. Verkehrsunfälle passieren in fast allen Fällen nicht einfach so, sondern werden verursacht, weil Regeln missachtet wurden. Alkohol oder Drogen konsumiert, zu schnell gefahren, kein Gurt angelegt oder durchs Handy abgelenkt – das sind in mehr als 50 Prozent aller Fälle die Ursachen, warum Menschen im Straßenverkehr sterben oder schwere Verletzungen erleiden.

Die schwierige Arbeit direkt am Unfallort ist harter Alltag für zahlreiche Menschen: Feuerwehr, Polizei, Rettungsdienst, Notärzte, Notfallseelsorger und auch die Personen, die zur ersten Hilfe eilen. Doch was geht einem Feuerwehrmann durch den Kopf, der einen Schwerverletzten aus einem Unfallwrack bergen muss? Was geht in einem Polizisten oder Notfallseelsorger vor, wenn sie den Eltern gegenüberstehen und ihnen berichten müssen, dass ihr geliebtes Kind bei einem Unfall getötet wurde?

Im Verkehrssicherheitsprojekt „Crash Kurs NRW“, das bereits 2011 von der Polizei NRW ins Leben gerufen wurde und von der Uni Köln wissenschaftlich begleitet wird, berichten all diese Einsatzkräfte den Schülerinnen und Schülern hautnah und schonungslos von ihren persönlichen Erfahrungen am Unfallort und zeigen abschreckende Bilder, die für immer in Erinnerung bleiben werden. Sie alle sind Profis in ihrem Beruf, wissen genau was in solch einem Einsatz zu tun ist, und dennoch sind sie auch Menschen mit eigenen Familien. Wenn jemand so schwer verletzt ist, dass nicht mehr geholfen werden kann, lässt das niemanden kalt.

Ein Polizeihauptkommissar im Ruhestand erzählt auf der Bühne, dass er selbst nach vielen Jahren noch immer sehr unter dem Eindruck des Geschehens, als ein junger Autofahrer am Unfallort nicht mehr zu retten war, stehe. Und es liegt ihm besonders am Herzen darüber zu sprechen und junge Menschen auf die Gefahren hinzuweisen: „Passt gut auf euch auf und fahrt bitte immer vorsichtig! Bereitet euch vernünftig für den Fall der Fälle vor und macht einen Erste-Hilfe-Kurs.“

Während der Beiträge herrscht Schweigen und tiefe Betroffenheit in der Detmolder Stadthalle. Einige der jungen Teilnehmerinnen und Teilnehmer verlassen bestürzt den Raum und weinen. Sie werden von Seelsorgern und Polizeibeamten betreut und in dieser emotionalen Situation nicht allein gelassen. Realität erfahren: Echt hart, aber auch echt wichtig!

Das positive Feedback der Jugendlichen im Anschluss an die Aktion bestätigt genau das. „Es war sehr eindrucksvoll all diese Live-Berichte auf der Bühne zu verfolgen. Das bringt einen wirklich zum Nachdenken.“, berichtete zum Beispiel eine Schülerin. Wer sich gerne weiter über das Projekt „Crash Kurs NRW“ informieren möchte, erfährt hier mehr.

Die nächsten Termine:

  • 29. Februar 2024 / Stadthalle Detmold

Hinweis in eigener Sache:

Wer selbst beruflich oder auch privat an einem schweren Verkehrsunfall beteiligt war und bereit ist im Rahmen des „Crash Kurs NRW“ jungen Menschen davon zu berichten, kann sich gerne bei der Polizei Lippe melden (Telefon: 05231 6090). Wir sind dankbar für alle Akteure, die uns bei diesem wichtigen Projekt unterstützen.

#verantwortungstopptvollgas
 

In dringenden Fällen: Polizeinotruf 110